Vertrieb der Software "CARDS" bleibt verboten

Marcus Janke, Peter Laackmann

(aus A la Card Aktuell 3-4, 1998, S. 39-40.)


Nach einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main bleibt der Vertrieb des Computerprogramms "CARDS" der Ulmer Firma S.A.D weiter verboten [1]. Die 12. Zivilkammer für Handelssachen folgte damit dem Antrag der Euro Kartensysteme, die bereits am 15.Dezember 1997 eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf der Software erwirkte, in vollem Umfang. Im Urteilsspruch des auf eine halbe Million Mark bewerteten Rechtsstreits wird dargelegt, daß angesichts der Manipulationsmöglichkeiten ein ausschließlich legaler Einsatz des Programms nicht naheliegend sei. Das Programm biete die technischen Mittel, Computerbetrug und Scheck- bzw. Kreditkartenmißbrauch zu begehen. Die Option der illegalen Nutzung mache den Vertrieb wettbewerbswidrig, das Unternehmen Euro Kartensysteme erleide dabei eine erhebliche Schädigung seiner Wettbewerbsinteressen. Während 12.000 beschlagnahmte Exemplare der "CARDS"-CDROM [2] weiterhin in amtlichem Gewahrsam verbleiben, diskutieren Juristen über dieses Urteil als grundlegende Entscheidung in zukünftigen Verfahren, beispielsweise im Bereich der Produkthaftung[3]: Viele Computerprogramme erlauben durch ihren universellen Nutzen auch eine mißbräuchliche Verwendung; zur Manipulation der Daten einer Magnetstreifenkarte wird im einfachsten Fall nur ein preiswertes Terminalprogramm in Verbindung mit einem Magnetkartenlese/schreibgerät benötigt. Anwalt K.Schulte, Prozeßvertreter der Firma S.A.D., zeigte diesem Beispiel folgend die Möglichkeit auf, die fraglichen Funktionen des Programms "CARDS" auch mit Hilfe des Windows95-Terminals ausführen zu können und versuchte auf diese Weise den Vertrieb des Produktes "CARDS" zu verteidigen [4]. Er betonte weiterhin, die Kartenunternehmen müßten vielmehr die Sicherheit der Kreditkartensysteme erhöhen, um einen Angriff mittels "CARDS" auf technologischem Wege zu verhindern.

Von Bedeutung für das Urteil waren jedoch nicht in erster Linie die tatsächlichen Manipulationsmöglichkeiten des Programms, die ohnehin sehr eingeschränkt sind, sondern die spektakulären Werbeaussagen und Marketingstrategien bei der Einführung des Produktes. Erinnnert die Rückseite der CD an den Versuch, Verbraucherschutzinteressen in den Vordergrund zu stellen ("‘Sie kontrollieren ob Ihre Kreditkarte gegen einfaches Kopieren und Vervielfältigen geschützt ist.’), so wird im beiliegenden Booklet andererseits eindeutig und unmißverständlich auf Betrugsmöglichkeiten hingewiesen. Obwohl die angeführten Behauptungen, das Limit einer Kreditkarte könne heraufgesetzt und das Gültigkeitsdatum verändert werden, bereits vor dem Prozeß per Unterlassungserklärung zurückgenommen wurden, blieb das Image des "Fälscherwerkzeugs" bestehen. Eine entsprechende Beurteilung in der Öffentlichkeit gründet sich nicht zuletzt auf Presseberichte, die das Produkt fälschlicherweise im Zusammenhang mit den PIN-Betrugsfällen an Automaten der Nürnberger Noris-Verbraucherbank als Bedrohung für die Sicherheit von ec-Karten darstellten.

Die tatsächlichen Fähigkeiten der Software "CARDS" sollten in der Praxis, wie ein Test im letzten Heft von A la Card Aktuell zeigte [5], für einen Kartenbetrüger eher ernüchternd sein. Das Programm besteht aus einem Konglomerat teils falscher, unvollständiger und knapper Information über Aufbau und Verwendung von Magnetstreifenkarten sowie einem Kartenverarbeitungsmodul mit wenig komfortablen Möglichkeiten. Die zur Datenmanipulation nötige Prüfsummenberechnung kann beispielsweise nicht automatisch durchgeführt werden, so daß es sehr fraglich erscheint, ob "CARDS" überhaupt ein ernstzunehmendes Bedrohungspotential darstellt.

Da die Firma S.A.D. aller Voraussicht nach Berufung einlegen wird, ist mit einer endgültigen Klärung des Sachverhalts durch das OLG Frankfurt zu rechnen. Auswirkungen des aktuellen Urteils auf den Vertrieb handelsüblicher, professioneller Software für Magnetkarten- oder Chipkartenterminals sind jedoch unwahrscheinlich. Obwohl die Manipulation von Magnetstreifen- oder Chipkartendaten mit den unterschiedlichsten frei erhältlichen Programmen theoretisch möglich ist (beispielsweise auch durch Programme, die beim Kauf eines Magnetkartenschreib/lesegerätes mitgeliefert werden), steht bei Vertrieb, Erwerb und Anwendung eines professionellen Programms für Entwicklung- und Fertigungszwecke stets der legale Einsatz im Vordergrund.


[1] LG Frankfurt am Main, Urteil vom 4.2.1998, Az: 3-12 O 207/97

[2] ‘CARDS’, Firma S.A.D. GmbH, Rötelbachstr.91, 89079 Ulm, Tel. 07305-96290.

[3] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.2.1998.

[4] Frankfurter Rundschau, 17.1.1998, Frankfurter Allgemeine Zeitung 19.1.1998.

[5] A la Card Aktuell 3-4, 1998, S. 29-31.